Cannabisprodukte sind im Sport weitverbreitet, obwohl fast keine/r der AthletInnen darüber redet. Mit der Disqualifikation von Sha’Carri Richardson für die Olympischen Sommerspiele 2021 in Tokio jedoch geriet die Frage, ob Cannabis leistungssteigernd wirkt, in den Fokus der Sportwelt. Die US-Sprinterin hatte sich mit einer Rekordzeit für das Event qualifiziert. Kurz danach wurde bei ihr ein erhöhter Wert von THC (Tetrahydrocannabinol) festgestellt. Daraufhin wurde sie aus den Startlisten entfernt und verpasste die Chance auf olympisches Gold. Der Grund dafür war, dass Cannabis auf der Liste der World Anti-Doping Association für verbotene leistungssteigernde Substanzen steht. Dabei ist es bis heute unklar, ob Cannabis wirklich dazu geeignet ist, das Leistungspotenzial zu erhöhen.
Was wird unter Cannabis verstanden?
Cannabisprodukte werden aus den Blüten der Hanfpflanze gewonnen. Zwei Substanzen stehen im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses: Neben THC, das berauschende Effekte mit sich bringt, werden bei CBD (Cannabidiol) eher entspannende, krampflösende und entzündungshemmende Wirkungen vermutet. Bemerkenswerte Konzentrationen der beiden Wirkstoffe können Anwender zB in Sorten wie Purple Haze, Larry Bird Kush und Mango Kush finden.
WADA nimmt CBD vom Verbot aus
Während Cannabis seit 2003 auf der WADA-Liste geführt wird, wurde der Wirkstoff CBD 2018 von derselben gestrichen. Sie steht damit im Einklang mit der WHO (Weltgesundheitsorganisation), die Cannabidiol in ihrem Report aus dem gleichen Jahr von ihrer Liste der gefährlichen Substanzen für die Gesundheit entfernt hat.
Cannabis im Leistungssport – aktuelle Regelungen
Die Gründe, warum Cannabis bei offiziellen Wettkämpfen außen vor bleibt, gibt die WADA wie folgt zu Protokoll:
- Der Gebrauch von Cannabis im Spitzensport stelle ein Gesundheitsrisiko für AthletInnen dar.
- Cannabis habe das Potenzial, die Leistung im Wettkampf unerlaubt zu fördern.
- Der Konsum von Cannabis sei unethisch und verstoße gegen den Geist des Sports.
Allerdings kann auch die Welt-Agentur für Doping die gesellschaftlichen Veränderungen der vergangenen Jahre im Umgang mit Cannabis nicht völlig ignorieren. Schließlich legalisieren immer mehr Staaten dieser Welt die Substanz. Überdies wird Cannabis immer öfter für den medizinischen Gebrauch zugelassen. Daher erhöhte die WADA den zulässigen Grenzwert von THC im Urin auf 150 Nanogramm pro Milliliter.
Wie wirkt sich Cannabis im Sport aus?
Ob Cannabis überhaupt leistungsfördernde Eigenschaften besitzt, ist bisher umstritten. Hat die Substanz doch den Ruf, eher Trägheit und Müdigkeit auszulösen. Zudem beeinträchtigt Cannabis die Konzentrations- und Koordinationsfähigkeit. Diese Eigenschaften sprechen eindeutig gegen das Argument der Leistungssteigerung.
Angstlösende Eigenschaften von Cannabis könnten die Leistung steigern
Anders sieht die Sache aus, wenn man die weiteren Eigenschaften von Cannabis unter die Lupe nimmt. Die entspannenden und angstlösenden Effekte könnten dazu führen, dass die AthletInnen ihre Furcht während des Wettkampfes verlieren. Dieser Umstand kann als Motivation dienen, dass die eigenen Leistungsgrenzen überschritten werden. Im Falle von Kraft- und Ausdauersportarten ist das ein wünschenswertes Ziel. Wenn Cannabis allerdings beim Motorsport oder beim Alpinski zur Anwendung kommt, steigt die Verletzungsgefahr immens. Zudem geht damit ein erhöhtes Gefahrenpotenzial gegenüber Dritten einher.
Cannabis hilft bei der Regeneration
Des Weiteren kann Cannabis aufgrund der vermuteten entzündungshemmenden Wirkungen die Regenerationsphasen im Training positiv beeinflussen. Kleine muskuläre Verletzungen oder Muskelkater könnten mit Cannabis schneller abklingen, sodass die betroffenen AthletInnen wieder früher und intensiver mit dem Training beginnen können. Obendrein sprechen AnwenderInnen davon, dass sie schneller in den Schlaf finden und länger durchschlafen. Da ein gesunder Schlaf die Grundlage von Höchstleistungen ist, könnten diese Wirkungen als indirekt leistungsfördernd eingestuft werden.
Ändert die WADA ihre Einschätzung gegenüber Cannabis?
Dass die nationalen Doping-Agenturen in absehbarer Zeit etwas an der Einschätzung gegenüber Cannabis als verbotene Substanz im Wettkampf ändern, ist nicht anzunehmen. Nationale Alleingänge sind rechtlich ausgeschlossen, da sich alle Organisationen verpflichtet haben, den WADA-Anti-Doping-Codes zu folgen.
Dabei ist es nebensächlich, dass Cannabis für den Freizeitgebrauch in einigen Ländern schon von den Verbotslisten gestrichen wurde. Bei offiziellen sportlichen Wettkämpfen gilt der Wirkstoff bis zum Grenzwert als nicht erlaubt. Diese Position hat die WADA erst im Oktober wieder bestätigt, als sie die Verbotsliste für 2023 veröffentlichte. Auf dieser wird Cannabis weiterhin geführt.