Die Notwendigkeit und der Trend hin zu Barfuß-Training etablieren sich zunehmend in unserer Gesellschaft. Immer mehr Menschen sehen die Zeichen einer zunehmenden Verweichlichung durch den zivilisationsbedingten Lebensstil. Der Wunsch nach mehr Bodenhaftung, gefestigtem Standvermögen und einer gewissen Verbindung zur Natur macht das Barfuß-Gehen, -Stehen und -Laufen zu einem äußerst interessanten Aspekt für die Gesunderhaltung unseres Körpers. Dies ist Grund genug, um einen umfangreichen Test mit bewährten Barfußschuh-Modellen der englischen Marke Vivobarefoot zu machen, um uns einen persönlichen Eindruck davon zu verschaffen, was die wirklichen Vorteile und Eigenschaften dieser Schuhe sind.
Der ganze Vivobarefoot-Barfußschuh-Test als Video
Sehen Sie sich den gesamten Vivobarefoot-Test in folgendem YouTube-Video an und erfahren Sie dadurch mehr über das Gehen und Laufen mit Barfußschuhen von Vivobarefoot.
Das erste Test-Modell: Vivobarefoot Primus Lite Knit
Das von unserem Markus Steinacher zu Beginn getestete Barfußschuh-Modell ist der Primus Lite Knit Men in der Farbe „Mitternacht“ (bzw. Midnight Blue), in der EU-Größe 42. Das feine und atmungsaktive Obermaterial des Primus Lite Knit, hergestellt aus recyceltem Kunststoff, verleiht dem Barfußschuh viel Beweglichkeit und Agilität. Die 2mm dicke Primus-Laufsohle ist mit einer „Active Ortholite Performance“-Innensohle aus 98% recyceltem PU-Schaum ausgestattet und macht den Schuh perfekt für aktive Lebensstile und kontrollierte Workouts, so der Hersteller. Wie unsere Testperson den Primus Lite Knit findet, das werden wir in diesem Testbericht herausfinden.
Der erste Eindruck mit dem Vivobarefoot Primus Lite Knit
Der Barfußschuh-Test hat am 23. Juni 2024 in Bad Vöslau begonnen. Frisch aus dem Schuhkarton ausgepackt hatte Markus gleich zu Beginn ein kleines Erfolgserlebnis. Unsere Testperson liebt es unkonventionell: gleich im Einbeinstand konnte Markus den vor-geschnürten Schuh über den Fuß stülpen. Kein Hinsetzen, kein Bücken und auch das Schnüren war nicht notwendig. Das erste Gefühl im Schuh: wie ein bequemer Schlapfen.
Großzügige Passform und Zehenfreiheit
Die äußerst freizügige Zehen-Freiheit im Schuh selbst erinnert an Laufschuhe, die grundsätzlich immer mindestens eine Schuhgröße zu groß gekauft werden sollten, und genau so soll es für Markus auch hier sein. Der Primus Lite Knit ist in Bezug auf seine Passform äußerst großzügig, was sich vielleicht beim ersten Anprobieren etwas ungewohnt anfühlt. Davon sollte man sich aber keineswegs abschrecken lassen.
Wichtig: keine Einschränkung für den Großzehen
Speziell für den Großzehen soll immer genug Platz sein, damit er vom Schuh nicht nach innen an den benachbarten Zehen gedrückt wird. Das ist wirklich wichtig für die Gesundheit unseres Körpers. Hier handelt es sich um Millimeter, die verheerend sein könnten. Auch wenn wir beim ersten Anprobieren des Schuhs ein behagliches Gefühl verspüren, und wir auch keine Reibungspunkte im Schuh verspüren, könnte es trotzdem sein, dass der Großzehen in seiner natürlichen Position beim Gehen oder Laufen eingeschränkt wird.
Auf dieser Abbildung wirkt es so, als wäre der Barfußschuh viel zu groß (was er eigentlich auch ist). Abgesehen davon, dass der Vivobarefoot Primus Lite Knit grundsätzlich sehr großzügig geschnitten ist (für EU-Größe 42), ist es in der Tat nur von Vorteil, wenn vorne im Bereich der sogenannten Zehenbox augenscheinlich viel zu viel Platzangebot zu sehen ist. Man bedenke, dass beim längeren Gehen, Stehen und Laufen unsere Füße anschwellen und somit der Freiraum naturgemäß kleiner wird. Speziell beim Laufen drängt bei jedem Schritt beim Aufprall am Boden der Fuß im Schuh nach vorne, was zusätzlich eine Freiraum-Erfordernis darstellt. Würde unsere Testperson eine kleinere Schuhgröße wählen, so kann es sein, dass die Passform des Schuhs vorne zu eng ist. In diesem Fall wäre ein anderer Barfußschuh mit einer breiteren Zehenbox empfehlenswert.
Personen, die nach vorne hin grundsätzlich einen kleineren Schuh bevorzugen (zB beim Trailrunning mögen das manche), sollten sich für ein Barfußschuh-Modell entscheiden, welches im Bereich der Zehenbox breiter geschnitten ist, als der Primus Lite Knit.
Genug Platz für die Großzehe?
Barfußschuhe sind grundsätzlich toll, wenn sie die Bewegungsfreiheit der Großzehen nicht einschränken. Eine Möglichkeit für mehr Freiheit der Großzehen besteht darin, die Schuhe größer zu kaufen. Speziell wenn man damit läuft, rutscht man bei jedem Schritt nach vorne. Damit steigt die Gefahr, dass der Großzehen seitlich nach innen an den nebenstehenden Zeh gedrückt wird.
Barfußschuhe (das gilt eigentlich für alle Schuhe) sollten nach vorne hin breit genug sein (V-Form), damit alle Zehen – speziell die Großzehen, nie in die Verlegenheit kommen, nach innen (medial) gedrückt zu werden. Das gilt im Übrigen eigentlich auf für Laufschuhe.
Faustformel:
Barfuß gehen
=
besser als mit Sandalen / Flip Flops zu gehen
=
besser als Barfußschuhe, die Großzehen einschränken
Der Vivobarefoot Barfuß Grundlagen-Kurs
Mit dem genannten Testschuh hat Markus Steinacher nicht nur das Produkt erhalten, sondern auch den Online-Zugang zum Barfuß Grundlagen-Kurs. Dieser Online-Kurs führt Markus Schritt für Schritt in die Welt des Barfußlaufens ein. Zugegebenermaßen ist dies durchaus zeitintensiv und auch nicht gerade immer einfach, aber ausgesprochen lehrreich, klug durchdacht und aufbauend konzipiert. In insgesamt 7 Schritten erfahren wir alles Mögliche rund um das Thema des Barfußlaufens:
- Schritt 1: Umdenken
- Schritt 2: Füße
- Schritt 3: Körperhaltung
- Schritt 4: Gehen
- Schritt 5: Kniebeuge
- Schritt 6: Natürlich Laufen
- Schritt 7: Tägliche Mobilität
Mit der Einleitung, einigen untergeordneten Kapiteln und dem Abschluss, ergeben sich aus dem gesamten Grundlagen-Kurs insgesamt 14 Kapitel, welche sich auf die oben angeführten Schritte aufteilen. Mit der regelmäßigen praktischen Umsetzung dieser Übungen sollte es Markus möglich sein, nach 6 Wochen 5 Kilometer weit mit den Vivobarefoot Primus Lite Knit zu laufen. Doch bevor es soweit ist, zurück zum Anfang: Schritt 1: Umdenken. Gleich zu Beginn des Online-Kurses machen die Vivobarefoot-Experten auf den Dokumentarfilm „Shoespiracy“ aufmerksam und laden ein, sich diesen Film auf YouTube (nur auf Englisch verfügbar) anzusehen:
Letztendlich kommen wir bei intensiver Auseinandersetzung mit dem Grundlagenkurs zu der Auffassung, dass wenn man es damit ernst meint, sich hinter dem Produkt der Vivobarefoot Barfußschuhe viel mehr als nur ein Produkt verbirgt. Eigentlich ist es eine Art von Lifestyle und eine Veränderung seiner alltäglichen Lebensgewohnheiten, zugunsten der Gesundheit unserer Füße.
Die erste Wanderung mit dem Vivobarefoot Primus Lite Knit
Die erste etwa 5 Kilometer lange Wanderung in Mönichkirchen am Hochwechsel mit dem Vivobarefoot Primus Lite Knit war für den Barfußschuh ein voller Erfolg. Auf weichem Waldboden, und mit einem bewussten Bewegungsablauf beim Eierschwammerlsuchen, kann der Primus Lite Knit seine Stärken ausspielen. Der Schuh fühlt sich bei gemäßigten Temperaturen im schattigen Wald, und langsamen Schritten auch auf unebenen Terrain angenehm und komfortabel an. So konnte die Wanderung nach etwa 2,5 Stunden ohne wesentliche Ermüdungserscheinungen beendet werden.
Was Markus am Ende der Wanderung nicht so gut gefunden hat, waren die letzten 100 Meter auf der harten Straße (Beton / Asphalt), am Weg zum Auto. Dort hat sich der Barfußschuh nicht besonders gut angefühlt. Der harte Untergrund war deutlich auf der Fußsohle zu spüren. Daher kommt für Markus ein längerer Spaziergang auf Beton und Asphalt mit diesen Schuh eher nicht in Frage.
Die Grenzen des Vivobarefoot Primus Lite Knit
Der Vivobarefoot Primus Lite Knit ist für echtes Trailrunning, längere Strecken und große Hitze eher nicht geeignet. Dies hat sich nach 3 Wochen der stetig fortschreitenden Testreihe im sommerlich heißen Kroatien deutlich heraus kristallisiert. Der Primus Lite Knit wurde nach etwa 2-3 Stunden bei 30 – 34 Grad Außentemperatur wirklich heiß und eng im Inneren des Schuhs.
Der Primus Lite Knit hat keine Zunge, sondern er ist ein Sockenschuh mit Strickobermaterial. Dies kann sehr angenehm sein, auf der anderen Seite aber auch einengen, wenn der Fuß durch Hitze und zurückgelegte Distanz anschwillt. Wer demnach in diesem Fall mehr Freiheitsgefühl benötigt, sollte ein anderes Modell der Vivobarefoot-Serie für sich in Betracht ziehen, welches über eine Zunge verfügt und daher eine lockerere Schnürung zulässt.
Halbzeit des Vivobarefoot Barfußschuh-Tests
Aufgrund des zunehmenden Trainingsfortschritts und der stetig ansteigenden Anforderungen an den Barfußschuh hat sich Markus nach 4 Wochen dazu entschieden, vom Vivobarefoot Primus Lite Knit auf den Vivobarefoot Primus Trail Barfußschuh zu wechseln, um einerseits beim Laufen, und andererseits im Gelände, besser trainieren und performen zu können. Es hat sich eben herausgestellt, dass für Markus doch eher eine Trail-Variante im Performance-Bereich die bessere Wahl zu sein scheint.
Markus: „Der Primus Lite Knit ist als Einsteigerschuh oder für lockere und kurze Aktivitäten sehr gut geeignet. Wenn es aber um höhere Anforderungen geht, dann empfehle ich dann doch eher den Primus Trail FG 3.5 Mens.“
Das Training mit dem Vivobarefoot Primus Trail FG 3.5 Mens
Der Umstieg auf den Primus Trail FG 3.5 Mens hat sich gleich zu Beginn schon ganz anders angefühlt, als es Markus vom Primus Lite Knit bereits gewohnt war. Der Primus Trail kommt einem klassischem Schuh durchaus um einiges näher als es der Primus Lite Knit suggeriert.
Die Sohle des Primus Trail verfügt über Stollen, welche im Gelände für Grip sorgen. Zusätzlich verfügt der Primus Trail über eine Zunge und eine funktionelle Schnürung, welche sich stufenlos anpassen lässt. Insofern bietet dieser Barfuß-Laufschuh (ja, mit dem Barfußschuh kann man durchaus laufen, dazu später noch mehr …) alles, was ein klassischer Trail-Laufschuh auch bietet, speziell aber auch viel Freiraum im Obermaterial, was bei einigen klassischen Trail-Laufschuhmodellen nicht immer der Fall ist.
Die ersten Geh- und Laufversuche mit dem Primus Trail sind durchaus als positiv zu bewerten: keine Druckstellen, viel Freiraum, gute Atmungsaktivität jenseits der 30 Grad-Temperaturmarke und ein gutes Gefühl auf Feldwegen und Waldboden. Auf Asphalt hingegen ist für Markus auch weiterhin das Gehen und Laufen eher unangenehm.
Der erste Testlauf mit dem Vivobarefoot Primus Trail FG 3.5 Mens nach 6 Wochen Vorbereitung
Nun, nach etwa 6 Testwochen und entsprechender Trainingsvorbereitung mit den Tipps des Vivobarefoot Grundlagenkurses, war es am 10. August 2024 dann endlich soweit, dass Markus einen kompletten Trainingslauf über 8 Kilometer (Dauer: ca. 50 Minuten) mit dem Vivobarefoot Primus Trail FG 3.5 Mens durchführte und das mit Erfolg. Am nächsten Tag erfolgte sogar ein 15 Kilometer langer Dauerlauf mit klassischen Laufschuhen, und das ohne nennenswerte Probleme. Lediglich war ein durchaus leichter Muskelkater zu verspüren, der nach einem weiteren Tag wieder verschwunden war.
Vor dem ersten echten Testlauf führte Markus zur Sicherheit noch ein paar kürzere Testläufe (mit 200m und 400m-Läufen und entsprechenden Intervallpausen) durch, um die Füße an den ersten echten Testlauf zu gewöhnen. Doch das wirkliche Gewöhnungstraining hat aus den täglichen Sprungübungen aus dem Stand heraus, sowie dem funktionellen Training für die Fuß- und Bein-Muskulatur, bestanden.
Markus ist überzeugt davon, dass ohne den täglichen Übungen im gesamten Testzeitraum der erste 8km-Testlauf so nicht möglich gewesen wäre.
Nach dem zweiten Testlauf am 13. August 2024, über die Distanz von 6,5 Kilometer, erschien es Markus dann sogar so, als ob sich auch das Laufen auf Beton als angenehm erwies. Wobei er weiterhin der Meinung ist, dass sich der wahre Bestimmungsort des Vivobarefoot Primus Trail auf dem Feldweg und im Wald befindet.
Apropos: Wald – Downhill auf Steinen und Wurzeln mit dem Vivobarefoot Primus Trail
Bei einem kurzen Testlauf im Wald hat Markus den Primus Trail auf steinigem und wurzeligem Untergrund ausprobiert. Dies war eine durchaus gewagte Herausforderung für den Läufer, speziell als es steiler bergab ging. Hier bot der Barfuß-Laufschuh nicht mehr die gewünschte Trittsicherheit. Insofern ist dieses Terrain zumindest für Markus aktuell die natürliche Belastungsgrenze mit dem Vivobarefoot Primus Trail.
Fazit zum großen Vivobarefoot Barfußschuh-Test
Der Umgang mit Barfußschuhen ist speziell zu Beginn eine ganz besondere Herausforderung für Menschen, die es bislang nur gewohnt waren, weich eingebettet in gedämpften Laufschuhen unterwegs zu sein. Daher ist das über mehrere Wochen geplante Gewöhnungstraining durchaus sehr zu empfehlen, damit wir unserem Körper die Chance geben, sich schmerzfrei an das natürliche Barfuß-Gehen (bzw. Barfuß-Laufen) zurück zu gewöhnen.
Der Vivobarefoot Primus Lite Knit hat als Einsteiger-Modell überzeugt, ist jedoch nach 4 Wochen hinsichtlich seiner Funktion an seine natürlichen Grenzen gestoßen. Daher wurde für den restlichen Test-Zeitraum der Vivobarefoot Primus Trail in Betracht gezogen, da dieser Schuh den gestiegenen Anforderungen (Laufen, Gelände, Hitze und größere Distanzen) besser entspricht, und das mit Erfolg.
Obwohl der Vivobarefoot Primus Trail beim 8km langen Testlauf sehr wohl überzeugte, wird Markus auch künftig speziell die Longruns und schnelleren Tempoläufe, sowie etwaige Wettkämpfe, mit klassischen Laufschuhen absolvieren. Jedoch für die kürzeren und lockeren Laufeinheiten wird Markus immer wieder mit den Vivobarefoot-Barfußschuhen durchführen, da er davon überzeugt ist, dass die gesundheitsfördernde Wirkung des Barfuß-Gehens (und -Laufens) absolut Sinn macht.
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