Die Geschichte des Võ
Das Vietnamesische Wort „Võ“ steht ursprünglich für die Idee des Kampfes, des Krieges. Vietnams Kampftechniken sind eng mit der Geschichte des Landes, kolonisiert während tausenden von Jahren, verbunden. Deshalb war es notwendig, eine Kampfkunst zu entwickeln, die, wie schon vom gefeierten General Trân Hung Dao formuliert, das Lange mit dem Kurzen, das Viele mit dem Wenigen und das Harte mit dem Weichen bekämpft. Ursprünglich bestand Võ als Kriegskunst aus 18 verschiedenen Disziplinen: Der Kampf mit Händen und Füßen, Fixierung, verschiedene Waffen (Lanze, Schwert, Säbel, Bogen,…), Waffengebrauch zu Pferde, etc., aber auch die Strategie der Truppenführung. Heute nimmt Võ selbstverständlich einen anderen Platz in der Gesellschaft ein. Der kriegerische Aspekt ist stark in den Hintergrund getreten. Jetzt wird Võ-Viêtnam sportlich praktiziert, jedoch mit einer ganz eigenen Philosophie. Meister Moc definiert die Grundsätze der Schule: „Der Pfad der Tugend ist unser Fundament; Weisheit, Anstand und Redlichkeit sind unsere Wegweiser.“
Võ-Vietnam in Europa
Meister Nguyên Duc Môc (Abbildung) wurde 1913 im Norden Vietnams, in Thôn Bô Son (heute Ha Bac) in der Provinz Bac Ninh geboren. Seine Familie lebte von der Landwirtschaft und der Viehzucht.Im Alter von 6 Jahren begann er Võ von seinem Vater zu erlernen. Anschließend folgte er seinem Onkel mütterlicherseits ins nördlich gelegene Quang. Dort erlernte er „Võ Thuât Gia Truyên“ (traditionelle Familienkampfkünste) und „Võ Nghe“ (militärische Kunst und Strategie). Mit 16 also 1929 wurden er und sein Buda-Schüler des Meisters Hoang Hao Ba, welcher aus dem südchinesischen Ma Duong Cuong Kloster kommt. Neben der Kampfkunst werden die beiden Brüder auch im Wissen um Heilkräuter unterrichtet. Die Jugend von Meister Nguyên Duc Môc wird auch durch Anlässe geprägt, welche ihn zwingen die erlernten Kampfkünste praktisch anzuwenden. Bis zum Alter von 26 Jahren befindet er sich in Ausbildung bei Meister Hoang Hao Ba, bis er 1939 den Befehl erhält einzuschiffen um in Frankreich, im Herzen der Kolonialarmee, zu kämpfen. So wird er im Laufe der Zeit in den früheren Kongo, Syrien und Libanon geschickt.
Nach der Befreiung Frankreichs rüstet Nguyên Duc Môc ab und findet 1947 Arbeit im Renaultwerk in Boulogne-Billancourt. Dort ist er aufgrund von rassistischen Angriffen gezwungen, sich zu verteidigen. Von seiner Kampfkraft beeindruckt, fragen seine Kollegen, ob es sich bei seiner Kunst um Judo handelt, der einzigen bekannten asiatischen Kampfkunst zu dieser Zeit. Also erzählt er ihnen vom Võ-Viêtnam, der Kampfkunst aus Vietnam und erklärt sich bereit, sie darin zu unterrichten. Dies ist die Geburtsstunde der Schule Võ-Viêtnam Son Long Quyên Thuat. Zu Deutsch: Kampfkunst vom Berg des Drachen. Von da an verbreitet sich die Schule weiter über Frankreich, die Schweiz, Algerien, Burkina Faso und schließlich nach Österreich.
Technik im Võ-Vietnam
Ursprünglich lernte man Võ ausschließlich durch die Ausführung der Thao. Ein Thao ist eine vordefinierte Abfolge von Bewegungen, welche einen Kampf gegen einen oder mehrere Gegner simulieren, ähnlich den im Karate angewandten Kata. Durch das praktizieren und wiederholen der Thaos lag es am Schüler selbst, die praktischen Anwendungen zu verstehen, erklärt wurde nur wenig.
Die Technik beinhaltet insgesamt 108 Bewegungen, welche sozusagen das Alphabet des Võ-Viêtnam bilden. Wie bei der Sprache auch, ist es nötig, das „Alphabet“ zu kennen, um „Schreiben“ zu können. Man muss also die 108 Bewegungen verinnerlichen, um die Sprache des Võ-Viêtnam sprechen zu können. Diese Buchstaben werden in den geheimen Kombinationen, den „thê“ zu sinnvollen „Sätzen“ verbunden.
Heutzutage übt man im Võ-Viêtnam, immer noch die Thao, sowohl Waffenlos als auch mit Waffen und die „thê“, jedoch arbeitet man heutzutage auch mithilfe einzelner Bewegungen, welche in Serien zusammengefasst sind: Faustschlagserien, Trittserien, Handkantenserien, etc. und Partnerübungen.
Ein Großteil der weiter oben erwähnten 18 Disziplinen wird auch heute noch praktiziert; Kampf mit Händen und Füßen, Fixierungen, Würfe, Verwendung der gegnerischen Kraft, traditionelle Waffen usw. Andere, wie zum Beispiel der Waffengebrauch zu Pferde und das Bogenschiessen, werden nicht mehr praktiziert.
Auch heute noch bedarf es für das individuelle Vorankommen im Võ-Viêtnam eines intensiven und geduldigen Studiums. Meister Moc vergleicht das Vo mit einem Rohdiamanten, dem man nach und nach seinen Schliff gibt, um ihm immer mehr Wert zu verleihen.
Trainingsablauf
Eine Võ-Vietnam Trainingseinheit dauert eineinhalb Stunden und beginnt und endet mit dem Gruß der Schule. Zu Beginn steht ein etwa 15 bis 30 Minuten langer ganzheitlicher Aufwärmblock. Dieser beinhaltet einen Herz-Kreislauf-Teil, Aufwärmen aller Gelenke, Atemübungen, Kraftübungen, Dehnungsübungen, Gleichgewichtsübungen etc.
Dem Aufwärmen folgt das Üben der Positionen, welche das Fundament jeder Technik sind, der Thao, der Serien und der Thê. Dieser Teil nimmt etwa 30-45 Minuten in Anspruch.
Anschließend folgen Partnerübungen und Anwendungen. Hier werden Bewegungsabläufe die man vorher im Leeren geübt hat mit einem Partner vertieft und verinnerlicht. Auch dienen die Partnerübungen dem Abhärten gewisser Körperstellen, wie Unterarme, des Bauch etc.
Am Schluss des Trainings können noch Atemübungen, Dehnungsübungen und Lernkämpfe stattfinden. Natürlich kann man den Kampf im Sportsaal, unter Trainingspartnern, nicht gleich wie den Kampf ums Überleben gegen einen Gegner gestalten, gerade wenn keinerlei Schutzausrüstung verwendet wird. Darum sprechen wir auch von Lernkämpfen. Um Verletzungen zu vermeiden, dürfen weder die Augen, Gelenke, Wirbelsäule, Geschlechtsorgane oder andere empfindliche Körperstellen angegriffen werden. Schläge müssen auf jeden Fall kontrolliert und dem Trainingsfortschritt entsprechend dosiert ausgefürt werden. Anders verhält sich das natürlich in einer realen Verteidigungssituation. Außer den beschriebenen „normalen“ Trainingseinheiten, gibt es auch solche mit Schwerpunkt auf Akrobatik oder Gesundheit. Hier ist das Aufwärmen auf die folgende Einheit abgestimmt und auch der Trainingsablauf insgesamt anders.
Võ-Vietnam in Wien
Im Jahr 2008 wurde in Wien die erste Võ-Vietnam Schule im deutschsprachigen Raum gegründet. Die Võ-Vietnam Schule zählt derzeit 15 Mitglieder. Trotzdem, oder gerade deswegen, ist die kleine Gruppe sehr motiviert und enthusiastisch. Trainiert wird in einem Trainingsraum in 1120 Wien. Mehrmals jährlich werden Trainingslager in der Schweiz und in Frankreich besucht. Es kommen auch regelmäßig Trainer aus anderen Ländern zum Austausch nach Wien. Meist um eine Intensivwoche oder ein Intensiv-Wochenende zu veranstalten.
Võ-Vietnam in Wien
Wienerbergstraße 32
1120 Wien
Trainingszeiten:
- Montag: 19:00 – 20:30 Uhr
- Mittwoch: 19:00 – 20:30 Uhr
- Sonntag: 18:00 – 19:30 Uhr – Training für Fortgeschrittene
E-Mail: info@vo-vietnam.at
Online: Võ-Vietnam auf Facebook
Ihr Ansprechpartner: Arnaud Foramitti
Telefon: +43 650 / 977 30 92